Drei Elemente des Spieldesigns

(Regel)Spiele setzen sich zusammen aus narrativen, regulativen und ästhetischen Elementen, wobei sich die drei Bereich gegenseitig durchdringen: In einem idealen, designtechnisch integriertem Spiel ergänzen und verstärken sich Rahmenerzählung, Regeln und ästhetische Gestaltung. Gegenläufige Verwendungen, z.B. die hohe Rolle des Geldes oder die gefälschten Würfelwürfe bei “eLections – Your Adventure in Politics”, einem Spiel, das die US-amerikanische Demokratie erklären soll, führen ggf. zu einem irritierenden Spielerlebnis (= in der US-Amerikanischen Politik wird geschummelt und der mit dem meisten Geld gewinnt vermutlich). Dies wäre bei Unusable Games aber durchaus erwünscht.

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Ringvorlesung „Medienbildung zwischen Utopie und Praxis“

Mit Blick auf die gesellschaftliche Relevanz von Medien und Bildung stehen theoretische Perspektiven und euphorische Utopien nicht selten praxisorientierten Projekten oder teils ernüchternden Erfahrungen aus dem pädagogischen Tagesgeschäft gegenüber.

Die Ringvorlesung „Medien & Bildung“ möchte im Wintersemester 2012/2013 einen interdisziplinären Raum schaffen, um dieses Spannungsfeld zwischen – im weitesten Sinne medienpädagogischen – Visionen und Forderungen sowie tatsächlichen Praxen und Förderungen in den Blick zu nehmen und zu diskutieren. Es soll verdeutlicht werden, warum beides notwendig ist: einerseits die Beschäftigung mit Hintergründen und Zusammenhängen, die nicht selten geprägt sind von einer idealisierenden Sichtweise auf aktuelle technologische, soziale und kulturelle Veränderungen; andererseits die Reflexion der Praxis und damit eine Auseinandersetzung mit alltäglichen Problemen, Hindernissen, Risiken – aber auch mit Chancen, Erfolgen, Veränderungen.

Ausgangspunkt der Vortragsreihe sind Kontroversen zwischen VertreterInnen von Utopie und Praxis, zwischen Hoffnung und Wirklichkeit, zwischen Euphorie und Ernüchterung. Ziel ist es, einen Rahmen für die Weiterentwicklung zeitgemäßer Medienbildung zu schaffen und damit Möglichkeitsräume für ein gemeinsames (Weiter-)Denken zu eröffnen. Weiterlesen

Artikel in „shift“: #spiel

Dieser Artikel von mir erschien gerade in Heil, Kolb und Meyer (Hg.) „shift.“, ein Reader – der erste – aus der Reihe „Kunst Pädagogik Partizipation.“, enstanden als gemeinschaftlich verfasstes Werk der TeilnehmerInnen des Bundeskongress der Kunstpädagogik 2010-2012.
Ich bin recht zufrieden mit dieser Version hier, während die lektorierte Version in der Printausgabe ein gutes Beispiel dafür ist, wie eine veränderte Interpunktion die Bedeutung einer Aussage verändern kann: „Komm wir essen Opa“. Weiterlesen

Frederic B. Skinner and the Tree of Knowledge

Combine Maturana & Varela, radical constructivists of the first hour, with Skinner, one of the most renowned behaviorists, and you’ll see that radical constructivism does not counteract behaviorism, but expands it on a higher (Batesonian) level.

“Everything said is said by someone.”
– Umberto Maturana & Francisco Varela (1987), “The Tree of Knowledge”, p.27

“I have never faced a problem which was more than the eternal problem of finding order.”
– Frederick B. Skinner (1956), „A Case History in Scientific Method“, quoted in Edward G. Rozycki (1995), „A Critical Review of B.F. Skinner’s Philosophy with focus on Walden Two“

“I have never faced a problem which was more than the eternal problem that every order encountered is someone’s order.”
Combination of Skinner (Behaviorism), and Maturana & Varela (Radical Constructivism).

The safety of medium and art – and the avantgarde

The contest between two artists, Zeuxis and Parrhasios

Two ancient artists competing against each other: Zeuxis paints grapes so realistic, that birds try to eat them. Parrhasios paints a curtain ‚hiding‘ his painting, which is so realistic that the other artist is fooled: Zeuxis isn’t able to perceive Parrhasios artwork as such at all because it is too realistic.

An old question: What should be called ‚art‘? Is it a subjective interpretation of reality, or an objective depiction that could be mistaken for reality? Does art, in the first place, have to be interpretable as art – before one can interpret its contents?

Engraving of Zeuxis and Parrhasios: http://steffenvoelkel2.de/01-2012/13.01.2012%20075.jpg

Trompe l’oeil

Deception of the eye: A piece of art that make use of, or trangsress the physical boundaries of its visual medium to startle or to bluff. This can be an artistic intervention to render the medium visible – by letting it flow over into reality.

A beautiful example is Pere Borell de Caso (1874), „Escapando de la crítica„, or „Escaping Criticism“, where a boy seems to step out of the painting’s frame which is also painted.

Interestingly, this painting could also be interpreted as ‚avoiding the discrimination‘ between what is real and what is virtual; or a hint that the framing of a medium, a framing which usually generates safety, can be incorporated in a work of art. As with a game, we can expect that content stays within the magic circle of the medium, and behaves true to the rules of the medium: A painting does not move or change, it has no (interesting) backside or depth, it stays in one place and does not follow us around.
A murder mystery is harmless fun as long as it stays within the frame of its technical medium, e.g. a book or a movie; but it gets threatening if it steps out of its boundaries.

Do you know Oscar Wilde’s famous 1890 novel „The Picture of Dorian Gray“? The „Nightmare on Elm Street“ movies? Fincher’s movie „The Game“ or, one of the latest addition to this genre, Suzuki’s excellent „The Ring“? See the similarity to Borell de Caso’s painting with a girl getting out of a TV-screen in „The Ring“ (US-remake from 2002).
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=lbO9LhD9PsI#t=0m31s[/youtube]
The horror, when a medium does not behave as expected…! Weiterlesen

Gender, women in science and advertisers: Unusability

The European Commission for Research and Innovation started an initiative on June 21st 2012 to get girls into scientific careers: „Science: It’s a girl thing!“
(See the link „questions about our videoclip?“ for some background infos)

A 1-minute video clip was produced by an ad agency for about 100.000 Euros. This clip was meant to raise interest in the age group of 9-13 year old females. It showed long legged photo models in high heels and short skirts, confronting a much more solemn, good looking male model als „scientist“, while lipsticks and powder puffs turn into bubbling test tubes and vice versa.
It worked exceptionally well as a viral campaign on what context markers not to use to create the context „Women as sciencists“.
With other words: The video – unintentionally – succeeded as discussion starter because it failed to use the right contextmarkers (whatever these are).

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=g032MPrSjFA[/youtube]

Stupid EU video PSA shows how *not* to promote science to young women

Here are, again, two approaches to initiate education deducible. One obvious to inform and integrate; and one to question invisible medio-cultural givens.

  • For the definition of context, contextmarkers, error and learning see: Gregory Bateson (1972), “The Logical Categories of Learning and Communications” in “Steps to an Ecology of Mind”

Editorial des KVV Medien & Bildung zum Thema „Spiel“

Editorial des KVV Medien&Bildung WS 2011/12

Kleine Behälter tauschen in schneller Folge ihre Plätze, wobei durch konzentriertes Beobachten scheinbar ermittelt werden kann, was sich am Ende unter welchem Hütchen verbirgt. Die Spieler setzen auf die Zuverlässigkeit der eigenen Beobachtungsgabe und staunen, wenn sich am Ende der Inhalt nicht mehr dort befindet, wo er eigentlich sein sollte.

Unser Titelmotiv (drei Nussschalen) zeigt ein sehr altes Spiel, das sowohl Grundlage für Zauberkünstler wie für findige Trickser darstellt. Ein genauer Blick auf die Situation lohnt sich: Auf den Spieler, die Beobachter, die Hütchen – insbesondere für (Medium–)Pädagogen. Die Aufmerksamkeit des Passanten zu gewinnen (von dem zunächst angenommen werden muss, dass er Besseres zu tun, hat als Stehenzubleiben und sich auf den dargebotenen Zauber einzulassen), ihn an den Spieltisch zu locken und ihn anschließend zum (Weiter-)Spielen zu motivieren sind die ersten Aufgaben des Hütchenspielers.

Abbildung: „Der Zauberkünstler“ von Hieronymus Bosch, Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/File:Conjurer_Bosch.jpg

Der Rückgriff auf solcherlei Tricks ist auch in Situationen des Lehrens und Lernens nicht unüblich – und das nicht erst seit Spielen und Lernen in erster Linie unter verkaufsfördernden Gesichtspunkten als Lernspiel, Edutainment oder neuerdings Game Based Learning gedacht werden. Die alte und vor allem grundsätzliche Frage der Pädagogik lautet: Wie lässt sich der Zögling möglichst widerstandslos (und natürlich zu seinem eigenen Vorteil) zum gewünschten Verhalten, hier: Lernen, bewegen? An großen Namen, die der Idee der pädagogisch fruchtbaren Verbindung von Spiel und Lernen Pate stehen, mangelt es nicht. Von Platon über Erasmus von Rotterdam, Johann Amos Comenius, Friedrich Schiller oder John Locke bis hin zu den prominenten Vertreterinnen und Vertretern der Reformpädagogik: die Lehre gestalte sich besonders einfach und effizient, wenn der Lernende zu spielen glaubt.

Dem Pädagogen, der hier aufhört, weiter zu fragen, bleiben grundlegende Möglichkeiten des Spiels als pädagogisches Medium verborgen. Im Übergang vom „Was?“ zum „Wie?“, das heißt hier also, wenn man sich fragt, wie und warum die Kugel ihre Position verändert (und so versucht, den impliziten Regeln des Spiels auf die Spur zu kommen) anstatt nur zu fragen, wo sie sich gerade befindet, beginnt man das Spiel als Medium zu erkennen und es nicht auf seine Funktionen als Attraktor und Katalysator des Lernens zu reduzieren. Dass nämlich viele der aktuell diskutierten Konzepte sich in der Regel auf behavioristische Wurzeln zurück besinnen und so das Spiel auf ein bloßes Mittel zum Zweck, einen beliebig befüllbaren Container reduziert wird, wird dabei gerne übersehen. Fängt man an, den Regeln des Hütchenspielers zu misstrauen, dann beginnt ein ganz anderes Spiel (lesen Sie dazu weiter im Artikel von Wey-Han Tan auf S. 10ff.)

Unabhängig davon, ob Sie sich als lernende/lehrende Person mit dem Hütchen, dem verborgenen Kügelchen, dem Hütchenspieler oder dem Beobachter identifizieren möchten, wünschen wir Ihnen ein spielfreudiges Semester und reichliche (Erkenntnis–)Gewinne.

Für das Team vom Medienzentrum,
Ralf Appelt, Sebastian Plönges,
Christina Schwalbe, Wey-Han Tan

P.S.: Ein eigens für dieses KVV entworfenes Brettspiel findet sich in der Mitte des Heftes.

Download KVV Medien&Bildung (*.pdf ca. 6,3mb) für das Wintersemester 2011/12 vom Server des Medienzentrums der Fakultät Erziehungswissenschaft der UHH)

Was ist „Spiel“? Einige Zugänge.

Eine Definition von “Spiel” kann weder umfassend noch eindeutig oder objektiv beantwortet werden – was nicht heißen soll, dass sie nicht beantwortet werden kann oder sollte. Die Frage “Was ist Spiel?” gehört zur Kategorie der prinzipiell unentscheidbaren Fragen (Heinz von Foerster), die individuell entschieden werden (müssen), und manchmal mehr über die jeweiligen Antwortenden, ihre Kultur oder ihren individuellen Blickwinkel aussagen können, als über den Sachverhalt selbst.

„Each person defines games in his own way – the anthropolgists and folklorists in terms of historical origins; the military men, businessmen, and educators in terms of usages; the social scientists in terms of psychological and social functions. There is overwhelming evidence in all this that the meaning of games is, in part, a function of the ideas of those who think about them.“
– E.M.Avedon in „The Structural Elements of Games“ in „The Study of Games“, Sutton-Smith and Avedon, Eds., New York 1971, p.438

“Spiel” ist bis heute ein Begriff im Fluß, dessen Bedeutung weiter ausgehandelt wird.

Wie nähern sich Forscher dem Problem?

‘Klassische’ Spieltheorien versuchen prinzipiell drei Fragen zu beantworten:

  • Woran erkennt man Spiel/Spiele/Spieler?
  • Warum spielt man?
  • Welche Arten von Spiel/Spielen/Spielern gibt es?

Die Antworten können separat erfolgen, implizit die anderen Fragen mit einschließen oder zusammen ein integriertes Theoriegebäude ergeben.
Die Forscher werden außerdem eine Verknüpfung der Antworten mit ihrem üblichen Forschungsgegenstand herzustellen versuchen, (z.B. Didaktik, Entwicklungspsychologie, Soziologie, Mathematik, Wirtschaft, Militär, Computerspiele, Spieldesign, Literaturwissenschaft, Kunst etc.), sich auf verwandte Ideengebäude anderer Forscher stützen bzw. diese zu diesem Zweck interpretieren.
Spieltheoretische Ansätze können “Spiel” so auch als nicht-eigenständiges, bedingtes Phänomen ansehen (z.B. der späte Piaget für kognitive Entwicklung) oder es als Metapher für eine bestimmte Art des menschlichen Handelns interpretieren (z.B. von Neumann für zweckrationales Handeln in seiner mathematischen Spieltheorie). Weiterlesen

„What’s next?“ – Spiel als Medium

Zu meinem Beitrag „Spiel: Krise!“ auf dem Symposium „What’s Next?“ (21.10.-22.10.2011) an der Universität zu Köln gibt es bei Interesse ein Video und die Folien bei Slideshare.

Der Blog „Nach den Regeln der Kunst: Spiel als Medium“, der aus dem Workshop und dem anschließenden Seminar entstand, fasst studentische Arbeitsergebnisse und Gedanken zum Thema Spieldesign, Kunst, Krise zusammen.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=o8gPuM_At_I[/youtube]

Eike Paulsen und Richard Stief:
„VektorRace“ – Durchdringung von virtuellem und realem Raum

Darja Shatalova:
„Schicksal“ – Brettspiel mit strategischen und Zufallselementen.

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The Breaking of the Circle

Playing with, through, against medial boundaries.

This article is based on the presentation on September 29th 2011,
„Designs on eLearning DoeL – Future Spaces for Learning“, Helsinki

Picture: DoeL 2011: „Circles within circles“

Abstract

Digital-networked games are created to foster a desired pattern of behaviour in their users, beyond the mere delivery of content; this is a trait shared with many innovative digital media developments.

This can be seen as an opportunity for creating better learning – or rather teaching – media, but there will also be ideological, propagandistic or commercial (mis)use. What is necessary is a broad approach in arts, ethics and aesthetics to target and tackle the permeating structures behind the obvious content, and hint on playing with medial borders – named here higher order gaming – as an anarchistic, radical counterpart in contrast to rule-conforming, more conservative gaming and game design.

Game design may follow two roads. The classic path of first order game design would be to deliver the content as challenging and as balanced as can be, to draw the player smoothly into the confines and safety of the ‚magic circle‘ of play. Alternatively it may point to the ‚magic circle‘ as a place of manipulation and the player’s power over this manipulation as player/designer. Weiterlesen