Planspiele – Strukturierte Rollenspiele um reale Konflikte

Was sind Planspiele?

Planspiele sind eine Kombination aus Rollenspiel, Ressourcenmanagement, Fallstudienbeschreibung und Kommunikation. Prinzipiell schlüpfen die Spieler*innen dabei in einem Szenario in die Rollen verschiedener Akteure und erhalten vor Spielbeginn ein Briefing über deren Interessen, Motivationen, Ressourcen sowie den Ablauf der Spielrunden, in der sich die Spieler*innen über ein gemeinsames Vorgehen verständigen sollen.
Die Wirksamkeit des Planspiels liegt dabei in der Agency der Spieler*innen: Es werden die verschiedenen Standpunkte nicht nur vermittelt, sondern in ihren Entscheidungen und Widerständen auch erfahr- und erlebbar gemacht. Eine Debriefingphase verknüpft die im Spiel gewonnenen Eindrücke – auch Emotionen – mit realweltlichen Aspekten des Spiels.

Die nachfolgenden Hinweise zu den Planspielen sind passend und wertvoll für Betrachtung, Planung, Einsatz und Debriefing auch anderer didaktischer Spiele ab einem gewissen Komplexitätsgrad!

Capaul und Ulrich (2003, 14) definieren Planspiele so:
„Das Planspiel versetzt die Teilnehmerinnen in eine fiktive Situation, die ein vereinfachtes Abbild einer speziell ausgewählten, realen oder hypothetischen Situation ist. Während mehreren Spielrunden machen sich die Teilnehmerinnen mit dem Szenario vertraut, sie analysieren die Ausgangslage und die Ziele, führen Verhandlungen und fällen konkrete Entscheidungen. Daraus wird mit Hilfe des Planspielmodells die Ausgangslage für die nächste Spielrunde ermittelt. Der Einsatz eines Computers ist dabei nicht zwingend.
Während der anschliessenden Transferphase werden die Erfahrungen aus dem Planspiel mit der Realität verbunden. Während dieser Reflexionsarbeit entwickeln die Teilnehmerinnen ihre handfesten Erfahrungen aus dem Planspiel zu praxiswirksamen Handlungswissen weiter.“

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Spiel: Schritt für Schritt in fremden Schuhen.

Das Quiz ist eine leicht an verschiedene Situationen und Inhalte anpassbare und fast jedem geläufige Spielmechanik: Fragen werden gestellt, und von der Antwort hängt es ab, ob ein Spieler weiter kommt oder nicht.

Essenziell benötigt man also einen

  • Positionsanzeiger (Punktestand, Spielpöppel, Abgestrichene Fragen, die Spieler selbst);
  • ein Spielfeld, auf dem dieser bewegt wird (Punktetabelle zwischen 0 und maximal möglichen Punkten, Zählfeld, Frageliste, von Start- und Zielposition eingegrenztes Lauffeld);
  • Fragen, die von den Spielern beantwortet werden müssen; sowie
  • Regeln, die die Art der Beantwortung, deren Folgen sowie die End- und Startbedingungen des Spiels beschreiben.

Die Variationsfähigkeit dieses Konzepts macht es universell einsetzbar, von „Wer wird Millionär“ bis zum „Eckenrechnen“ (Version für den Hörsaal).

Interessant aus didaktischer Sicht wird dieses einfache Spielkonzept, wenn den Spielern

  • keine objektiv beantwortbaren Fragen gestellt werden,
  • sie unterschiedliche Vorbedingungen mitbringen bzw. als Vorgabe erhalten, die in die Beantwortung und damit ihr Vorankommen einfliessen und
  • die eigene Person als Spielfigur weiterbewegt wird oder stehenbleiben muss.

Diese Quizart wird damit spielmechanisch zu einer verdichteten Version eines Pen-and-Paper-Rollenspiels mit Möglichkeit zur Identifikation mit dem Spielcharakter. Weiterlesen

MuMM – Medien- und Methodenmixer

MuMM – Das Spiel um Hochschullehre und neue Medien.

In MuMM übernehmen die Spieler*innen die Rolle von Lehrenden, die über einen Zeitraum von vier Semestern Lehrveranstaltungen anbieten und durchführen sollen. Jede Lehrveranstaltung stellt die Spieler*innen vor ganz eigene Herausforderungen, die mit Hilfe unterschiedlicher Methoden oder Medien bewältigt werden können. Ob hierbei kooperativ oder gegeneinander gespielt wird bleibt offen. Mit MuMM möchten wir die Spieler*innen herausfordern, über bekannte und neue Einsatzmöglichkeiten technischer Medien und didaktischer Methoden nachzudenken und ins Gespräch zu kommen.

Dateien zum Download, Ausdrucken, Lesen oder Bearbeiten:

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Spiel: Fisch für die Welt – Modellieren und Modifizieren

„The essence of dramatic tragedy is not unhappiness. It resides in the solemnity of the remorseless workings of things.“
– A.N. Whitehead (1948), „Science in the modern world“. Zitiert in Garrett Hardin (1968), „The tragedy of the commons„.

„Fisch für die Welt“ ist ein kleines RealLife-Simulationsspiel, das auf „Harvest“ aus dem Buch „The Systems Thinking Playbook for Climate Change: A Toolkit for Interactive Learning“ von Sweeney, Meadow und Mehers (2011) basiert. Das Buch ist als Ausgabe des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) frei im Web verfügbar. Im Buch wird mit dem Spiel über narrative Rahmung und Debriefing die Ausbeutung der Commons/Allmende von Fischbeständen auf Kosten aller verdeutlicht.
Spieltheoretisch ist es eine weniger abstrakte Variante des Gefangenendilemmas.

Zeichnung „Fischtrawler“ CC BY Wey-Han Tan 2017

Es gibt eine webbasierte Version „Fishbanks“ mit mehr Variablen (Ankauf/Verkauf/Wertverlust von Schiffen, verschiedene Fanggebiete etc.), die als Multiplayer-Spiel für Klassen eingesetzt werden kann, in meine Augen aber etwas vom Reiz der Unmittelbarkeit und der transparenten, leicht modifizierbaren Regeln einbüßt.

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Das Kapital. Ideen im Spieldesign

In den regulativen Elementen des Spiels spielen Zahlen und Werte üblicherweise eine im wahrsten Sinne des Wortes entscheidende Rolle:

  • Wieviel Geld oder Güter einer Art besitze ich? Wieviel gewinne oder verliere ich bei einer bestimmten Handlung (Ordinalzahlen)?
  • Welcher Spieler ist erster, zweiter, letzter auf einem Spielbrett? Wer handelt in der Reihenfolge der Spieler zuerst, wer zuletzt (Kardinalzahlen)?
  • Wie groß sind die Chancen, einen bestimmten Wert zu würfeln oder eine bestimmte Karte zu ziehen? Wer hat z.B. mehr Armeen auf einem Feld und daher in einem Konflikt die größeren Siegschancen? (Wahrscheinlichkeiten)?
  • Entspricht der Geldwert eines zu erwerbenden Gutes seinem wirtschaftlichen Mehrwert (Tauschwerte, Rentabilität)?
  • In welchem Verhältnis stehen verschiedene ‚Währungen‘ im Spiel zueinander? (Kurswerte)?
  • Wie einfach oder kompliziert lassen sich die Werte von Geld und Tauschobjekten im Spielgeschehen handhaben (Optimierung von Nennwerten/Nominalwerten)?

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Spiel: 3 x Samurai-Mütterchen-Tiger

Thumbnail_MuetterchenTigerSamuraiStein-Schere-Papier ist ein relativ geläufiges Spiel, zu dem es viele Varianten gibt. Hier nun eine ebenfalls recht bekannte Variante, Samurai-Mütterchen-Tiger, allerdings in unterschiedlichen Formen der Abstraktion bzw. der körperlichen Konkretion.
Spielt sich das Spiel anders, wenn es mit reinen ausgelegten Buchstabenkarten gespielt wird? Mit Motivkarten? Stehend, gestikulierend und schreiend in der Gruppe?
Die grundsätzliche Narration ist – bis auf das hochabstrakte Buchstabenauslegen – die gleiche.

Gruppenspiel-Regeln (Variante 1):
Zwei gleichgroßes Gruppen überlegen sich, was sie jeweils wählen und schicken dann einen gewählten „Champion“ nach vorne zum Austragen des Kampfes. Der oder die Verliererin schließt sich danach der Gewinnerseite an. Nach einer festgelegten Anzahl an Runden wird durchgezählt, die Seite mit den meisten Menschen gewinnt.

Gruppenspiel-Regeln (Variante 2):
Zwei gleichgroßes Gruppen überlegen sich, was sie jeweils wählen und stellen sich dann gegenüber zum Austragen des Kampfes. Die Gewinnerseite oder die Verlierseite (wer’s zuerst ausspricht), zieht dann einen der Verlierer zu den Gewinnern herüber. Wenn es nur noch eine Seite gibt, ist das Spiel zu Ende.

Meine Frage wäre:
Lassen sich Seminarsitzungen, Diskussionen, Referate in Richtung Körperlichkeit verschieben, ohne dass die Erzählung, d.h. u.a. der Lerninhalt gewechselt werden müsste?

Anbei ein Druckbogen mit Spielkarten für je eine Spielerin (pdf).

Spielhindernisse in didaktischen Settings

Studierende konzentrieren sich nicht auf den Vortragenden; Diskussionen kommen nicht in Gang oder werden von lediglich zwei bis drei Studierenden getragen; Texte wurden nicht gelesen oder ausreichend verstanden, um in die Bearbeitung einzusteigen – Normalität im Unialltag.

Der Einsatz von Spielen als zumeist relativ unbekanntes Medium im Lehr-Lernalltag bringt auf den ersten Blick noch einmal eigene Probleme mit sich.
Meiner Erfahrung nach gibt es bestimmte, wieder kehrende Hindernisse, die Lernende davon abhalten zu spielen, oder die Lehrende davon abhalten, Spiele als Lehrmedium einzusetzen: Ablehnung wegen Instrumentalisierung, Zeitverschwendung, methodischer Unangemessenheit oder fehlender Ergebniskontrolle, fehlender didaktischer Einbettung, persönlicher Ablehnung.

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Experimente als spielerische Erfahrung einsetzen.

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Die vier Elemente, aus denen Spiele „gestrickt“ sind: Regeln, Erzählungen, Physis und kulturelle Rahmung.

Einige Experimente der Psychologie eignen sich gut für eine Umsetzung als spielerische Interventionen, wenn sie für die Lernenden zu einer Erfahrung oder einem Erlebnis werden können. Insbesondere verblüffende, unerwartete, erheiternde oder auch irritierende Erfahrungen können Impulse zur nachfolgenden Reflexion und Diskussion liefern.
Anders als bei den Lernspielen, die ich sonst präferiere, geht es hier nicht um die Erfahrung von Regelsystemen und Narrationen – d.h. um bedeutungsvolle Entscheidungen – sondern um das Erfahren des Gegebenen, der eigenen Physis. Genauso, wie sich ein Kind über die wunderbare Eigenschaft der Stapelbarkeit und Umfallbarkeit von Bauklötzen freuen kann, kann man sich als Erwachsener über Fähigkeiten und Unfähigkeiten des eigenen Körpers, der Kognition, der Sinne etc. verblüffen – und erfreuen.
Als spielerische Intervention können diese Experimente Ergebnisse aus der experimentellen Psychologie erfahrbar machen und durch die Verblüffung und evtl. auch Irritation Impulse zur Reflexion und Diskussion oder zu einem tieferen Einstieg in das Thema liefern.

Komplexere Spiele und soziale Interaktionen können auf diese Weise – durch Verblüffung oder Irritation – über eine Didaktisierung hinaus für Bildungsprozesse im ‚sicheren‘ Spielrahmen nutzbar gemacht werden:

„Anlass für Bildungsprozesse (…) sind also gesellschaftlich bedingte Erfahrungen, denen ein Indivlduum ausgesetzt ist und die zur Infragestellung bzw. Veränderung der eingespielten Modi der Wahrnehmung, Deutung und Verarbeitung von Erfahrungen führen, über die es verfügt.“
– Hans Christoph Koller (2009), „Bildung als Habituswandel“, S. 20

Sehr bekannt ist z.B. der Blinde Fleck durch Heinz von Foerster als Metapher für Erkenntnisprozesse aus radikal konstruktivistischer Sicht geworden. „Wir sehen nicht, was wir nicht sehen.“

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Spiel: Brückenbau. Ein schnelles Teamspiel und mehr.

„Brückenbau“ ist ein schnelles Teamspiel – und ein möglicher Einstieg in die Funktionsweise von Planspielen bzw. in eine einfache Art der Didaktisierung von Spielen.

Papierschiffchen

In diesem Artikel findet sich,

  1. wie das Spiel beispielhaft eingesetzt werden kann,
  2. wie dieses oder andere Spiele didaktisch gerahmt werden können,
  3. wie eine Anpassung des Spiels an eigene didaktische Ziele erfolgen kann,
  4. wie damit ein konzeptueller Einstieg in die Planspielentwicklung möglich ist,
  5. welche thematisch verwandten Spiele es dazu noch gibt und
  6. welche Literatur für einen eigenen Einstieg empfehlenswert dazu ist.

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Spiel: Skrupel – Ein Spiel mit Moral (überarbeitet!)

Eines der prägendsten Attribute von Spiel ist die Möglichkeit des Spielers, bedeutsame Entscheidungen zu fällen. Den üblichen rein objektiv-strategisch-logischen Entscheidungen – „Was würde man in dieser Situation tun?“ – kann man dabei subjektiv-interpetativ-narrative Entscheidungen entgegenstellen – „Was würde Ich in dieser Situation tun?“.

Um ein Spiel zu entwickeln, dass auf dem weniger bekannten letzteren Spielprinzip aufbaut und dies den Studierenden verdeutlicht bzw. erspielbar macht, hatte ich mir 2012 basierend auf Kohlbergs „Heinz-Dilemma“ und der Punktevergabe des „Lexikon-Spiels“ das Seminarspiel „Skrupel“ ausgedacht: Die Spieler werden mit moralischen Dilemmata konfrontiert und müssen einerseits entscheiden, wie sie handeln würden, andererseits die Entscheidungen ihrer Mitspieler abschätzen, um zu gewinnen.

SkrupelScreenshot

Link zum Download des Spiels „Skrupel“ (2014)

Die drei Beispielfragen sind angelehnt an Lawrence Kohlbergs Theorie der Moralentwicklung, den Studierenden üblicherweise bekannt aus der pädagogischen bzw. Entwicklungspsychologie. Weiterlesen