Experimente als spielerische Erfahrung einsetzen.

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Die vier Elemente, aus denen Spiele „gestrickt“ sind: Regeln, Erzählungen, Physis und kulturelle Rahmung.

Einige Experimente der Psychologie eignen sich gut für eine Umsetzung als spielerische Interventionen, wenn sie für die Lernenden zu einer Erfahrung oder einem Erlebnis werden können. Insbesondere verblüffende, unerwartete, erheiternde oder auch irritierende Erfahrungen können Impulse zur nachfolgenden Reflexion und Diskussion liefern.
Anders als bei den Lernspielen, die ich sonst präferiere, geht es hier nicht um die Erfahrung von Regelsystemen und Narrationen – d.h. um bedeutungsvolle Entscheidungen – sondern um das Erfahren des Gegebenen, der eigenen Physis. Genauso, wie sich ein Kind über die wunderbare Eigenschaft der Stapelbarkeit und Umfallbarkeit von Bauklötzen freuen kann, kann man sich als Erwachsener über Fähigkeiten und Unfähigkeiten des eigenen Körpers, der Kognition, der Sinne etc. verblüffen – und erfreuen.
Als spielerische Intervention können diese Experimente Ergebnisse aus der experimentellen Psychologie erfahrbar machen und durch die Verblüffung und evtl. auch Irritation Impulse zur Reflexion und Diskussion oder zu einem tieferen Einstieg in das Thema liefern.

Komplexere Spiele und soziale Interaktionen können auf diese Weise – durch Verblüffung oder Irritation – über eine Didaktisierung hinaus für Bildungsprozesse im ‚sicheren‘ Spielrahmen nutzbar gemacht werden:

„Anlass für Bildungsprozesse (…) sind also gesellschaftlich bedingte Erfahrungen, denen ein Indivlduum ausgesetzt ist und die zur Infragestellung bzw. Veränderung der eingespielten Modi der Wahrnehmung, Deutung und Verarbeitung von Erfahrungen führen, über die es verfügt.“
– Hans Christoph Koller (2009), „Bildung als Habituswandel“, S. 20

Sehr bekannt ist z.B. der Blinde Fleck durch Heinz von Foerster als Metapher für Erkenntnisprozesse aus radikal konstruktivistischer Sicht geworden. „Wir sehen nicht, was wir nicht sehen.“

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Was ist „Spiel“? Einige Zugänge.

Eine Definition von “Spiel” kann weder umfassend noch eindeutig oder objektiv beantwortet werden – was nicht heißen soll, dass sie nicht beantwortet werden kann oder sollte. Die Frage “Was ist Spiel?” gehört zur Kategorie der prinzipiell unentscheidbaren Fragen (Heinz von Foerster), die individuell entschieden werden (müssen), und manchmal mehr über die jeweiligen Antwortenden, ihre Kultur oder ihren individuellen Blickwinkel aussagen können, als über den Sachverhalt selbst.

„Each person defines games in his own way – the anthropolgists and folklorists in terms of historical origins; the military men, businessmen, and educators in terms of usages; the social scientists in terms of psychological and social functions. There is overwhelming evidence in all this that the meaning of games is, in part, a function of the ideas of those who think about them.“
– E.M.Avedon in „The Structural Elements of Games“ in „The Study of Games“, Sutton-Smith and Avedon, Eds., New York 1971, p.438

“Spiel” ist bis heute ein Begriff im Fluß, dessen Bedeutung weiter ausgehandelt wird.

Wie nähern sich Forscher dem Problem?

‘Klassische’ Spieltheorien versuchen prinzipiell drei Fragen zu beantworten:

  • Woran erkennt man Spiel/Spiele/Spieler?
  • Warum spielt man?
  • Welche Arten von Spiel/Spielen/Spielern gibt es?

Die Antworten können separat erfolgen, implizit die anderen Fragen mit einschließen oder zusammen ein integriertes Theoriegebäude ergeben.
Die Forscher werden außerdem eine Verknüpfung der Antworten mit ihrem üblichen Forschungsgegenstand herzustellen versuchen, (z.B. Didaktik, Entwicklungspsychologie, Soziologie, Mathematik, Wirtschaft, Militär, Computerspiele, Spieldesign, Literaturwissenschaft, Kunst etc.), sich auf verwandte Ideengebäude anderer Forscher stützen bzw. diese zu diesem Zweck interpretieren.
Spieltheoretische Ansätze können “Spiel” so auch als nicht-eigenständiges, bedingtes Phänomen ansehen (z.B. der späte Piaget für kognitive Entwicklung) oder es als Metapher für eine bestimmte Art des menschlichen Handelns interpretieren (z.B. von Neumann für zweckrationales Handeln in seiner mathematischen Spieltheorie). Weiterlesen