Artikel in „shift“: #spiel

Dieser Artikel von mir erschien gerade in Heil, Kolb und Meyer (Hg.) „shift.“, ein Reader – der erste – aus der Reihe „Kunst Pädagogik Partizipation.“, enstanden als gemeinschaftlich verfasstes Werk der TeilnehmerInnen des Bundeskongress der Kunstpädagogik 2010-2012.
Ich bin recht zufrieden mit dieser Version hier, während die lektorierte Version in der Printausgabe ein gutes Beispiel dafür ist, wie eine veränderte Interpunktion die Bedeutung einer Aussage verändern kann: „Komm wir essen Opa“. Weiterlesen

Editorial des KVV Medien & Bildung zum Thema „Spiel“

Editorial des KVV Medien&Bildung WS 2011/12

Kleine Behälter tauschen in schneller Folge ihre Plätze, wobei durch konzentriertes Beobachten scheinbar ermittelt werden kann, was sich am Ende unter welchem Hütchen verbirgt. Die Spieler setzen auf die Zuverlässigkeit der eigenen Beobachtungsgabe und staunen, wenn sich am Ende der Inhalt nicht mehr dort befindet, wo er eigentlich sein sollte.

Unser Titelmotiv (drei Nussschalen) zeigt ein sehr altes Spiel, das sowohl Grundlage für Zauberkünstler wie für findige Trickser darstellt. Ein genauer Blick auf die Situation lohnt sich: Auf den Spieler, die Beobachter, die Hütchen – insbesondere für (Medium–)Pädagogen. Die Aufmerksamkeit des Passanten zu gewinnen (von dem zunächst angenommen werden muss, dass er Besseres zu tun, hat als Stehenzubleiben und sich auf den dargebotenen Zauber einzulassen), ihn an den Spieltisch zu locken und ihn anschließend zum (Weiter-)Spielen zu motivieren sind die ersten Aufgaben des Hütchenspielers.

Abbildung: „Der Zauberkünstler“ von Hieronymus Bosch, Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/File:Conjurer_Bosch.jpg

Der Rückgriff auf solcherlei Tricks ist auch in Situationen des Lehrens und Lernens nicht unüblich – und das nicht erst seit Spielen und Lernen in erster Linie unter verkaufsfördernden Gesichtspunkten als Lernspiel, Edutainment oder neuerdings Game Based Learning gedacht werden. Die alte und vor allem grundsätzliche Frage der Pädagogik lautet: Wie lässt sich der Zögling möglichst widerstandslos (und natürlich zu seinem eigenen Vorteil) zum gewünschten Verhalten, hier: Lernen, bewegen? An großen Namen, die der Idee der pädagogisch fruchtbaren Verbindung von Spiel und Lernen Pate stehen, mangelt es nicht. Von Platon über Erasmus von Rotterdam, Johann Amos Comenius, Friedrich Schiller oder John Locke bis hin zu den prominenten Vertreterinnen und Vertretern der Reformpädagogik: die Lehre gestalte sich besonders einfach und effizient, wenn der Lernende zu spielen glaubt.

Dem Pädagogen, der hier aufhört, weiter zu fragen, bleiben grundlegende Möglichkeiten des Spiels als pädagogisches Medium verborgen. Im Übergang vom „Was?“ zum „Wie?“, das heißt hier also, wenn man sich fragt, wie und warum die Kugel ihre Position verändert (und so versucht, den impliziten Regeln des Spiels auf die Spur zu kommen) anstatt nur zu fragen, wo sie sich gerade befindet, beginnt man das Spiel als Medium zu erkennen und es nicht auf seine Funktionen als Attraktor und Katalysator des Lernens zu reduzieren. Dass nämlich viele der aktuell diskutierten Konzepte sich in der Regel auf behavioristische Wurzeln zurück besinnen und so das Spiel auf ein bloßes Mittel zum Zweck, einen beliebig befüllbaren Container reduziert wird, wird dabei gerne übersehen. Fängt man an, den Regeln des Hütchenspielers zu misstrauen, dann beginnt ein ganz anderes Spiel (lesen Sie dazu weiter im Artikel von Wey-Han Tan auf S. 10ff.)

Unabhängig davon, ob Sie sich als lernende/lehrende Person mit dem Hütchen, dem verborgenen Kügelchen, dem Hütchenspieler oder dem Beobachter identifizieren möchten, wünschen wir Ihnen ein spielfreudiges Semester und reichliche (Erkenntnis–)Gewinne.

Für das Team vom Medienzentrum,
Ralf Appelt, Sebastian Plönges,
Christina Schwalbe, Wey-Han Tan

P.S.: Ein eigens für dieses KVV entworfenes Brettspiel findet sich in der Mitte des Heftes.

Download KVV Medien&Bildung (*.pdf ca. 6,3mb) für das Wintersemester 2011/12 vom Server des Medienzentrums der Fakultät Erziehungswissenschaft der UHH)

„What’s next?“ – Spiel als Medium

Zu meinem Beitrag „Spiel: Krise!“ auf dem Symposium „What’s Next?“ (21.10.-22.10.2011) an der Universität zu Köln gibt es bei Interesse ein Video und die Folien bei Slideshare.

Der Blog „Nach den Regeln der Kunst: Spiel als Medium“, der aus dem Workshop und dem anschließenden Seminar entstand, fasst studentische Arbeitsergebnisse und Gedanken zum Thema Spieldesign, Kunst, Krise zusammen.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=o8gPuM_At_I[/youtube]

Eike Paulsen und Richard Stief:
„VektorRace“ – Durchdringung von virtuellem und realem Raum

Darja Shatalova:
„Schicksal“ – Brettspiel mit strategischen und Zufallselementen.

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Das Eckige muss ins Runde?



Weil Spiel-Software in der Regel einfacher zu bewerben und zu verkaufen ist als ihre bildungstheoretische Reflexion, gelten „Game based Learning“ (GBL), „Playducation“, „Gamification“ und ähnliche Projekte als state of the art – auf Didaktikmessen und Konferenztagen gleichermaßen. In der aktuellen Auflage des vom New Media Consortium jährlich publizierten »Horizon Report«, dem Standardwerk zur Bildungstrendforschung, wird GBL als relevante Lernstrategie der nächsten zwei bis drei Jahre identifiziert.
Dass die theoretischen Konzepte bei einer allzu sorglosen Verquickung von Spiel und Lehre wenn nicht bis Platon so in der Regel doch auf behavouristische Wurzeln zurückreichen und so das Spiel auf ein bloßes Mittel zum Zweck reduziert wird, wird dabei gemeinhin ignoriert.

Ein besonderes Problem der Korrelation von Lernen, Bildung und Spielen liegt in der Eigenart der Deutschen Sprache, nicht ohne weiteres zwischen regelgeleitetem Spiel und innovativem bzw. explorativem Spiel zu unterscheiden. So bedeutet im Englischen „gaming“ die Akzeptanz eines absolut bindenden Bezugssystems aus Regeln und Narrationen, um am Spiel teilnehmen und es ggf. gewinnen zu können, während „playing“ oder „toying“ eine schöpferische Umdeutung bzw. Umreglementierung eines Wirklichkeitsaspekts vorangeht, um damit bzw. darin dann spielen zu können. Dies sind keine Gegensätze, sondern gegenseitige Ergänzungen, sichtbar z.B. im kindlichen Rollenspiel, wenn sich Phasen des gemeinsamen Aufstellen oder Modifizieren von Regeln und Deutungen abwechseln mit solchen der Unterordung des Handelns darunter. Wenn beim Vater-Mutter-Kind-Spiel auf den Ausruf „Du darfst das nicht, du bist die Mutter!“ die Entgegnung folgt „Darf ich wohl, gerade weil ich die Mutter bin!“, dann stecken die Spieler mitten im Wechsel zwischen kreativem Metaspiel und konservativem Regelspiel. Weiterlesen

Some Game Design Approaches

As impressive as most commercial games look like, ’new‘ games rely mostly on skinning (signs and stories), slight modding (rule systems), recombination and maybe some additional extras – to already known and successful games and game mechanics. Weiterlesen

Alternate Reality Games – „Spiel es, bevor du es lebst.“

„Planspiele sind Modelle der Wirklichkeit, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in definierten Rollen und in vorgegebenen Handlungsräumen provozieren, eine fiktive Ausgangslage zielgerichtet zu verändern.“
– Dietmar Ochs (2006), „Das Planspiel im Unterricht

„Play it before you live it.“
– ARG-Motto

Ein Alternate Reality Game – oder kurz ARG – ist eine Mischung aus Webquest, (Life)Rollenspiel, szenariogestützter Zukunftswerkstatt, kollaborativem Schreiben (ähnlich der FanFiction), Massive Multiplayer Online Game (MMOGs) und nicht zuletzt dem klassischen deutschen Planspiel – allerdings spielen die Spieler sich selbst vor einem gradiell erweiterten fiktiven, progressivem Hintergrund und nehmen nicht vorgegebene Rollen an. Das Spiel findet im ‚öffentlichen Raum‘ (heute meist in dem des Internets) statt; ‚Zuschauer‘ sind möglich, die Teilnahme am Spiel ist meist gewollt für diese offen gehalten. Weiterlesen

At Last: My printable Werewolf Game is here…

One of the astonishing moments of gameplay comes, when out of a set of very simple rules and playing material an incredible dense and dark forest of actual play emerges. Gripping storylines, high emotions, alliances and conspiracies, endless possibilies. I dare say that this most often happens, when natural language and roleplay is part of the game; as it is with „Mafia“ or its fantasy variant „Werewolf“. Weiterlesen

Spiel: Das Namenlose Uni-Hamburg-Spiel (CC)

Link zum Bild mit höherer Auflösung.

Spielplan und Spielregeln sind hier als PDF (CC) BY-NC-SA) herunter ladbar.

Ein Blick auf den Spielplan genügt: Figuren aufstellen; versuchen, mit allen Figuren einmal ungeschlagen um den Parcours zu gelangen („Wie ungerecht, die Studis müssen fünf Pöppel nach Hause bringen und die Profs nur drei!“). Sich diebisch freuen, wenn man jemanden rausschmeißen kann und sich ärgern, wenn dies mit einem selbst passiert.
Nach den Sparrunden der letzten Jahre und den tiefen Einschnitten an der Fakultät EPB, bedingt durch den Wegfall der Studiengebühren, hier das Spiel zu dieser Entwicklung. Weiterlesen

Unusability: You don’t want to play it again!

“Unusable games“ sound like a contradiction: Who would want to play a game that doesn’t work? And why are there designers – educators, of all the people with already a reputation for bad game design – that create these unusable games?

If in a game we regret acting like we did, usable games give us a chance to do better next time.
Unusable games force us to repeat the same regrettable action over and over, until we regret playing the game as it is, without alterations of its rules or its narratives to do better.
Its a game-genre about awareness: Stop playing by the given rules, laugh at them – or change them.

Games demand from the player blind trust that they, as a medium, behave in a stable, foreseeable and conventional way. For example a game is usually accompanied by the exciting suspense of who may win in the end; a game that ‘cheats’, by subtly sabotaging this balance in favour of the game, of one player or a group of players, may turn gameplay into a frustrating experience.

So, if given a game the player expects it to be balanced, to be fun, to contain a coherent contextualisation. She expects it to be either culturally and traditionally tethered and proven like chess, or, with contemporary games, created en bloc by a competent and benevolent game designer for her entertainment.

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Neue Medien (er)spielen!

„Der sinnliche Trieb will bestimmt werden, er will sein Objekt empfangen; der Formtrieb will selbst bestimmen, er will sein Objekt hervorbringen; der Spieltrieb wird also bestrebt sein, so zu empfangen, wie er selbst hervorgebracht hätte, und so hervorzubringen, wie der Sinn zu empfangen trachtet.“

– Friedrich Schiller (1795): „Über die ästhetische Erziehung des Menschen, in einer Reihe von Briefen.“

Medien bestimmen, wie wir uns ausdrücken und was wir als Mitteilung erkennen können. Gleichzeitig sind Medien selbst Artefakte und Gegenstand von Veränderung. Ob die Form einer Vorlesung, eines Computerspiels oder eines Sammelbands: Das, was erwartet, gesagt und verstanden werden kann, ist gleichermaßen Bedingung und Ergebnis des Mediums. Würde ein Radio z.B. neben der Funktion als Empfänger noch zum Sendeapparat für Jedermann werden, wie Brecht es sich 1932 vorstellte, würde die Verschiebung der Grenzen des bestehenden technischen Mediums und seiner Sendeformate eine Neudefinition nötig machen: Es wäre kein Radio mehr. Weiterlesen