Spiel: Schritt für Schritt in fremden Schuhen.

Das Quiz ist eine leicht an verschiedene Situationen und Inhalte anpassbare und fast jedem geläufige Spielmechanik: Fragen werden gestellt, und von der Antwort hängt es ab, ob ein Spieler weiter kommt oder nicht.

Essenziell benötigt man also einen

  • Positionsanzeiger (Punktestand, Spielpöppel, Abgestrichene Fragen, die Spieler selbst);
  • ein Spielfeld, auf dem dieser bewegt wird (Punktetabelle zwischen 0 und maximal möglichen Punkten, Zählfeld, Frageliste, von Start- und Zielposition eingegrenztes Lauffeld);
  • Fragen, die von den Spielern beantwortet werden müssen; sowie
  • Regeln, die die Art der Beantwortung, deren Folgen sowie die End- und Startbedingungen des Spiels beschreiben.

Die Variationsfähigkeit dieses Konzepts macht es universell einsetzbar, von „Wer wird Millionär“ bis zum „Eckenrechnen“ (Version für den Hörsaal).

Interessant aus didaktischer Sicht wird dieses einfache Spielkonzept, wenn den Spielern

  • keine objektiv beantwortbaren Fragen gestellt werden,
  • sie unterschiedliche Vorbedingungen mitbringen bzw. als Vorgabe erhalten, die in die Beantwortung und damit ihr Vorankommen einfliessen und
  • die eigene Person als Spielfigur weiterbewegt wird oder stehenbleiben muss.

Diese Quizart wird damit spielmechanisch zu einer verdichteten Version eines Pen-and-Paper-Rollenspiels mit Möglichkeit zur Identifikation mit dem Spielcharakter. Weiterlesen

Das Kapital. Ideen im Spieldesign

In den regulativen Elementen des Spiels spielen Zahlen und Werte üblicherweise eine im wahrsten Sinne des Wortes entscheidende Rolle:

  • Wieviel Geld oder Güter einer Art besitze ich? Wieviel gewinne oder verliere ich bei einer bestimmten Handlung (Ordinalzahlen)?
  • Welcher Spieler ist erster, zweiter, letzter auf einem Spielbrett? Wer handelt in der Reihenfolge der Spieler zuerst, wer zuletzt (Kardinalzahlen)?
  • Wie groß sind die Chancen, einen bestimmten Wert zu würfeln oder eine bestimmte Karte zu ziehen? Wer hat z.B. mehr Armeen auf einem Feld und daher in einem Konflikt die größeren Siegschancen? (Wahrscheinlichkeiten)?
  • Entspricht der Geldwert eines zu erwerbenden Gutes seinem wirtschaftlichen Mehrwert (Tauschwerte, Rentabilität)?
  • In welchem Verhältnis stehen verschiedene ‚Währungen‘ im Spiel zueinander? (Kurswerte)?
  • Wie einfach oder kompliziert lassen sich die Werte von Geld und Tauschobjekten im Spielgeschehen handhaben (Optimierung von Nennwerten/Nominalwerten)?

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Spiel: 3 x Samurai-Mütterchen-Tiger

Thumbnail_MuetterchenTigerSamuraiStein-Schere-Papier ist ein relativ geläufiges Spiel, zu dem es viele Varianten gibt. Hier nun eine ebenfalls recht bekannte Variante, Samurai-Mütterchen-Tiger, allerdings in unterschiedlichen Formen der Abstraktion bzw. der körperlichen Konkretion.
Spielt sich das Spiel anders, wenn es mit reinen ausgelegten Buchstabenkarten gespielt wird? Mit Motivkarten? Stehend, gestikulierend und schreiend in der Gruppe?
Die grundsätzliche Narration ist – bis auf das hochabstrakte Buchstabenauslegen – die gleiche.

Gruppenspiel-Regeln (Variante 1):
Zwei gleichgroßes Gruppen überlegen sich, was sie jeweils wählen und schicken dann einen gewählten „Champion“ nach vorne zum Austragen des Kampfes. Der oder die Verliererin schließt sich danach der Gewinnerseite an. Nach einer festgelegten Anzahl an Runden wird durchgezählt, die Seite mit den meisten Menschen gewinnt.

Gruppenspiel-Regeln (Variante 2):
Zwei gleichgroßes Gruppen überlegen sich, was sie jeweils wählen und stellen sich dann gegenüber zum Austragen des Kampfes. Die Gewinnerseite oder die Verlierseite (wer’s zuerst ausspricht), zieht dann einen der Verlierer zu den Gewinnern herüber. Wenn es nur noch eine Seite gibt, ist das Spiel zu Ende.

Meine Frage wäre:
Lassen sich Seminarsitzungen, Diskussionen, Referate in Richtung Körperlichkeit verschieben, ohne dass die Erzählung, d.h. u.a. der Lerninhalt gewechselt werden müsste?

Anbei ein Druckbogen mit Spielkarten für je eine Spielerin (pdf).

Spielhindernisse in didaktischen Settings

Studierende konzentrieren sich nicht auf den Vortragenden; Diskussionen kommen nicht in Gang oder werden von lediglich zwei bis drei Studierenden getragen; Texte wurden nicht gelesen oder ausreichend verstanden, um in die Bearbeitung einzusteigen – Normalität im Unialltag.

Der Einsatz von Spielen als zumeist relativ unbekanntes Medium im Lehr-Lernalltag bringt auf den ersten Blick noch einmal eigene Probleme mit sich.
Meiner Erfahrung nach gibt es bestimmte, wieder kehrende Hindernisse, die Lernende davon abhalten zu spielen, oder die Lehrende davon abhalten, Spiele als Lehrmedium einzusetzen: Ablehnung wegen Instrumentalisierung, Zeitverschwendung, methodischer Unangemessenheit oder fehlender Ergebniskontrolle, fehlender didaktischer Einbettung, persönlicher Ablehnung.

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Spiel: Brückenbau. Ein schnelles Teamspiel und mehr.

„Brückenbau“ ist ein schnelles Teamspiel – und ein möglicher Einstieg in die Funktionsweise von Planspielen bzw. in eine einfache Art der Didaktisierung von Spielen.

Papierschiffchen

In diesem Artikel findet sich,

  1. wie das Spiel beispielhaft eingesetzt werden kann,
  2. wie dieses oder andere Spiele didaktisch gerahmt werden können,
  3. wie eine Anpassung des Spiels an eigene didaktische Ziele erfolgen kann,
  4. wie damit ein konzeptueller Einstieg in die Planspielentwicklung möglich ist,
  5. welche thematisch verwandten Spiele es dazu noch gibt und
  6. welche Literatur für einen eigenen Einstieg empfehlenswert dazu ist.

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Spiel: Skrupel – Ein Spiel mit Moral (überarbeitet!)

Eines der prägendsten Attribute von Spiel ist die Möglichkeit des Spielers, bedeutsame Entscheidungen zu fällen. Den üblichen rein objektiv-strategisch-logischen Entscheidungen – „Was würde man in dieser Situation tun?“ – kann man dabei subjektiv-interpetativ-narrative Entscheidungen entgegenstellen – „Was würde Ich in dieser Situation tun?“.

Um ein Spiel zu entwickeln, dass auf dem weniger bekannten letzteren Spielprinzip aufbaut und dies den Studierenden verdeutlicht bzw. erspielbar macht, hatte ich mir 2012 basierend auf Kohlbergs „Heinz-Dilemma“ und der Punktevergabe des „Lexikon-Spiels“ das Seminarspiel „Skrupel“ ausgedacht: Die Spieler werden mit moralischen Dilemmata konfrontiert und müssen einerseits entscheiden, wie sie handeln würden, andererseits die Entscheidungen ihrer Mitspieler abschätzen, um zu gewinnen.

SkrupelScreenshot

Link zum Download des Spiels „Skrupel“ (2014)

Die drei Beispielfragen sind angelehnt an Lawrence Kohlbergs Theorie der Moralentwicklung, den Studierenden üblicherweise bekannt aus der pädagogischen bzw. Entwicklungspsychologie. Weiterlesen

Spiel: Skrupel – ein Spiel mit Moral

Eines der prägendsten Attribute von Spiel ist die Entscheidung auf Seiten des Spielers. Um den rein strategisch-logischen Entscheidungen auch interpretativ-subjektiv-narrative entgegen zu setzen, habe ich mir basierend auf Kohlbergs „Heinz-Dilemma“  und der Punktevergabe des „Lexikon-Spiels“ das Seminarspiel „Skrupel“ ausgedacht. Interessanterweise kommt es im Verlauf des Spiels bisher stets zu einem Kippen zwischen präkonventionellem und postkonventionellem moralischen Verhalten einiger Spieler: Sollen die Entscheidungen altruistisch-ehrlich (Einstieg, 3. Stufe) oder egoistisch-gewinnorientiert (Kippen, 2. Stufe) gefällt und erzählt werden?

SkrupelScreenshot

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Spieldesign: Verbindung von alten und neuen Spielideen

Gemälde: Lucas von Leyden (1. Drittel des 16. Jhdts), „Die Schachpartie“
„Das Kurierspiel“ – Ein Schachbrett mit 12 x 8 Feldern?

Die wenigsten neuen Spiele entstehen aus dem Nichts, und viele der heutigen bekannten ‚kanonischen‘ Spiele sahen früher anders aus, wurden anders gespielt oder besaßen andere Rahmenerzählungen. Diese Entwicklung lässt sich im Kleinen auch beim Kinderspiel entdecken:

“Every game player is a potential game designer, and that means you.
When you were a kid, you probably started many a game of whiffle ball or Monopoly with a little negotiation over the rules. “If the ball gets stuck in a tree, it’s an out,” “Chance and Community Chest fines go into a pool, and whoever lands on Free Parking gets the money,” and so on. Kids don’t hesitate to change the rules of existing games to make them more enjoyable. The participatory nature of playing a game encourages us to think about, and sometimes modify, its rules that is, its design. (…) We’ve all played games that we thought could be improved by a few adjustments.”
– Rollings and Adams (2003): “Andrew Rollings and Ernest Adams on Game Design”, p.11

Wie bei anderen Medien auch gibt es im Spieldesign Genres, Tropen, Klischees; ständig wiederkehrende Narrationen – z.B. Krieg, Handel, Kreation, Auktion, Jagd, Aufbau, Fortschritt, Zuordnung etc. – und beliebte Regelelemente – z.B. Zufall, versteckte Information, abwechselnde Zugfolge, zwei Parteien etc.. Dabei geben die Regeln oder das physikalische Spielmaterial die eindeutige Spielmechanik vor, die die erlaubten Züge und das Spielziel definiert, während die narrativen Elemente Bedeutung und Motivation in die Spielhandlungen einbringen.
Die Veränderung einzelner Regelelemente – z.B. Karten zu ziehen und auszuspielen statt zu Würfeln bei “Mensch Ärgere dich nicht” oder das ‘blinde’ Spielen von “Tic-Tac-Toe” mit einem Spielmeister – ergibt bereits ein neues Spiel mit anderem Spielgefühl und anderer Aussage; kurz, es entsteht ein neues Medium, in dem gespielt werden kann (s. Marshall McLuhan).
Das selbe lässt sich beobachten, wenn narrative Elemente des Spiels geändert werden: Ein Computerspiel, bei dem man  gezielt eine Person töten muss, würde, je nachdem, ob man Terroristen oder Anti-Terror-Truppen spielt, ein anderes Spielgefühl hervorrufen („America’s Army“). Die erste Version von Risiko hatte z.B. als Mission noch „Erobern sie die Welt“, bis diese in das ‚ungefährlichere‘ „Befreien sie die Welt“ umgeformt wurde.
Und was passiert, wenn Beim „Cowboy und Indianer“-Spiel auf einmal kein Kind mehr die Cowboys spielen will? Weiterlesen

„What’s next?“ – Spiel als Medium

Zu meinem Beitrag „Spiel: Krise!“ auf dem Symposium „What’s Next?“ (21.10.-22.10.2011) an der Universität zu Köln gibt es bei Interesse ein Video und die Folien bei Slideshare.

Der Blog „Nach den Regeln der Kunst: Spiel als Medium“, der aus dem Workshop und dem anschließenden Seminar entstand, fasst studentische Arbeitsergebnisse und Gedanken zum Thema Spieldesign, Kunst, Krise zusammen.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=o8gPuM_At_I[/youtube]

Eike Paulsen und Richard Stief:
„VektorRace“ – Durchdringung von virtuellem und realem Raum

Darja Shatalova:
„Schicksal“ – Brettspiel mit strategischen und Zufallselementen.

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The Breaking of the Circle

Playing with, through, against medial boundaries.

This article is based on the presentation on September 29th 2011,
„Designs on eLearning DoeL – Future Spaces for Learning“, Helsinki

Picture: DoeL 2011: „Circles within circles“

Abstract

Digital-networked games are created to foster a desired pattern of behaviour in their users, beyond the mere delivery of content; this is a trait shared with many innovative digital media developments.

This can be seen as an opportunity for creating better learning – or rather teaching – media, but there will also be ideological, propagandistic or commercial (mis)use. What is necessary is a broad approach in arts, ethics and aesthetics to target and tackle the permeating structures behind the obvious content, and hint on playing with medial borders – named here higher order gaming – as an anarchistic, radical counterpart in contrast to rule-conforming, more conservative gaming and game design.

Game design may follow two roads. The classic path of first order game design would be to deliver the content as challenging and as balanced as can be, to draw the player smoothly into the confines and safety of the ‚magic circle‘ of play. Alternatively it may point to the ‚magic circle‘ as a place of manipulation and the player’s power over this manipulation as player/designer. Weiterlesen